IM BASISTARIF GELTEN ANDERE GESETZE

Mit Einführung des Basistarifs wurde in der PKV einiges anders. Durch die Gesundheitsreform vom April 2007, auch als GKV-Wettbewerbs-Stärkungs-Gesetz bezeichnet, wurden auch die Uhren der PKV umgestellt.

Erstmals werden sogenannte Übertragungswerte gebildet, die den Anbieterwechsel versüßen. Sollte der PKV-Kunde während seiner Vertragslaufzeit feststellen, dass er auf falsche Pferd gesetzt hatte, war es ab sofort möglich das Ross auch während des Rennens zu tauschen - ein "Groß"-Teil seines Anteils an der kollektiven Alterungsrückstellung nahm er als Abschiedsgeschenk gleich mit und sich dadurch zu besseren Konditionen bei seinem neuen Anbieter einkaufen.

Die Höhe der Übertagungswerte spiegelt das Niveau wider, die im Basistarif gebildet worden wären. Allerdings sind PKV-Kunden eher selten im Basistarif versichert, sondern in Tarifen, die ein sehr viel höheres Leistungsversprechen beinhalten und damit auch höhere Rückstellungen bilden, als das im Basistarif der Fall ist - Sie haben's natürlich sofort gemerkt... es wird keinesfalls die gesamte Alterungsrückstellung übertragen, sondern nur ein Großteil, von dem keiner weiß, in welchem Verhältnis er zur tatsächlich gebildeten Rückstellung steht.

Das ist nur eine Besonderheit...

 

GESUNDHEITSPRÜFUNG UND BEWERTUNG

Der Gesetzgeber hat der PKV zwar gestattet eine Gesundheitsprüfung durchzuführen, aber unabhängig davon, wie das Ergebnis ausfällt, dürfen die Versicherer weder einen Risikozuschlag nach einen Leistungsausschluss vereinbaren.

Die Krankenversicherer können durch diese Auflagen keinen risikogerechten Beitrag bekommen und das ist natürlich ein Problem, dass umso größer wird, wenn sie außerdem zur Aufnahme verpflichtet sind. In diesem Zusammenhang spricht man vom Kontrahierungszwangs, d. h. der Krankenversicherer ist verpflichtet Versicherungsschutz zu gewähren (ob er will oder nicht). Die PKV hat das intern gelöst, in dem sie einen hohen pauschalen Risikozuschlag bereits in die Kalkulation eingepreist hat.

Mit diesem Kunstgriff hat die Politik damals das "Heer der Nichtversicherten" sozusagen von der Straße gekriegt und ihm wieder Zugang zu Gesundheitsleistungen ermöglicht. Allerdings war die überwiegende Mehrheit der Nichtversicherten nicht versichert, weil sie nicht versichert sein wollten, sondern weil sie sich schlichtweg die Beiträge nicht (mehr) leisten konnten und daher PKV und GKV die entsprechenden Verträge und Mitgliedschaft beendet hatten.

Allerdings hatten die Nichtversicherten aufgrund ihrer wirtschaftlich prekären Lage die Möglichkeit sich über das jeweils zuständige Sozialamt einen "Krankenschein" zu erhalten, mit dem dann eine ärztliche Behandlung möglich war. Die Kosten trug der Sozialstaat und mit der Einführung des Basistarifs hat die damalige Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt die soziale Verantwortung des Staates auf Beitragszahler abgewälzt - von der Allgemeinheit blieb das weitgehend unbemerkt.

 

BEITRAGSSUBVENTION

Zu Beginn im Januar 2009 kostete der Beitrag im Basistarif 569,63 EUR und entsprach dem Höchstbeitrag der GKV.

Der Basistarif ist einer der beiden Sozialtarife und verfügt über eine Beitragsdeckelung. Sie sorgt dafür, dass der Beitrag nicht über den Höchstbeitrag der GKV rutschen kann. Mit Einführung der allgemeinen Plicht zur Krankenversicherung sahen sich mit einem Mal die Nichtversicherten mit einer Beitragsforderung von knapp 570 EUR monatlich konfrontiert, die Pflegeversicherung noch gar nicht berücksichtigt.

Keiner hat gefragt, ob das finanziell zu stemmen ist. Dennoch gab es die Möglichkeit, wenn Betroffene beim Jobcenter oder dem Sozialamt als hilfebedürftig eingestuft wurden einen 50%igen Nachlass auf den Beitrag zu erhalten.

Bis heute gibt es trotzdem Menschen ohne Krankenversicherung in Deutschland.

 

VORTEIL EINER UMSTELLUNG

Beitragszuschläge werden im Basistarif inaktiv. Das bedeutet, sie sind zwar im Versicherungsschein aufgeführt, werden aber nicht eingepreist. Das kann ein Vorteil sein, wenn man hohe Zuschläge in einem anderen Tarif bezahlen muss und  der Gesamtbeitrag zur PKV höher ist als der jeweilige Höchstbeitrag der GKV.

Damit wir uns richtig verstehen... mit Gesamtbeitrag ist der Beitrag zur Krankheitskostenversicherung gemeint. Die jeweiligen Zusatzversicherungen, wie Tagegelder, Beitragsentlastung und Pflegeversicherungen sind hier nicht zu berücksichtigen. Liegt also der Beitrag oberhalb des Höchstbeitrags zur GKV (2022: 769,16 EUR inkl. durchschnittlichem Zusatzbeitrag) dann kann eine Umstellung in den Standardtarif von Vorteil sein.

Das gilt vor allem dann, wenn der Vertrag insgesamt bereits lange läuft und auch eine entsprechende Anrechnung den sonst hohen Beitrag im Basistarif reduziert, wie dieses Beispiel zeigt.

Mein Mandant war im Standardtarif versichert und aufgrund des hohen Risikozuschlags wurde aufgrund der Beitragsanpassung der Basistarif, der zwar eine höhere Grundprämie hatte aber ohne Beitragszuschlag blieb sehr interessant für eine Umstellung.

 

LEISTUNGEN IM ÜBERBLICK

Leistungen

Leistungen analog zum Versicherungsumfang nach SGB V - in Wahrheit sind die Leistungen der GKV nachempfunden.

Kontrahierung

Kontrahierungszwang (Aufnahmezwang) mit einer Risikoprüfung, die keine Risikozuschläge* zulässt. Sie sind inaktiv, werden aber im Versicherungsschein dokumentiert. Sollte ein Tarifwechsel aus dem Basistarif heraus in einen anderen PKV-Tarif erfolgen, werden die Zuschläge aktiv.

Ausschlüsse

Leistungsausschlüsse* dürfen nicht vereinbart werden. Auch sie sind inaktiv, im Versicherungsschein dokumentiert und werden ebenfalls aktiv, wenn ein Tarifwechsel aus dem Basistarif heraus in einen anderen PKV-Tarif erfolgt.

* Risikozuschläge und Leistungsausschlüsse werden erfasst und mit entsprechenden Geldbeträgen den sogenannten Umlageelementen zugeführt. Die Umlageelemente werden dann auf alle Basistarif- Versicherten verteilt. Vor allem beim Personenkreis der ehemals Nichtversicherten führt das in der Regel zu exorbitanten Zuschlagshöhen, die regelmäßig vierstellige Bereich erreichen.

Selbstbehalt

Selbstbehaltstufen von 300 EUR, 600 EUR, 900 EUR und 1.200 EUR jährlich sind wählbar bei einer Mindestbindefrist (Mindestversicherungsdauer) von 3 Jahren.
Hinweis: Nur selten wirkt sich der Selbstbehalt beitragsmindernd aus.

Bei Beihilfeberechtigung

Tarifvarianten für beihilfekonforme Absicherungen, wie z. B. für Beamte, Beamtenanwärter, Richter, usw...

Höchstbeitragsregelung

Die Beiträge werden limitiert auf den durchschnittlichen GKV-Höchstbeitrag, wobei Ehepaare einen maximalen Gesamtbeitrag von 150 Prozent des durchschnittlichen GKV-Höchstbeitrag zu bezahlen haben (dieser Wert ist auch aus der Pflegeversicherung bekannt).

Hilfebedürftigkeit

Bei Hilfebedürftigen (z. B. Empfängern von Arbeitslosengeld II) wird nur der halbe Beitrag erhoben. Der Leistungsträger der Grundsicherung, also z. B. die Arbeitsagentur zahlt einen vergleichbaren Beitrag wie bei gesetzlich versicherten Hilfebedürftigen. Hilfebedürftigkeit muss nachgewiesen werden.

Alterungsrückstellung

Auch der Basistarif sieht die Bildung von Altersrückstellungen (Kapitaldeckungsverfahren) vor.

HOHE RISIKOZUSCHLÄGE

Alle Nichtversicherten, die aufgrund der allgemeinen Pflicht zur Krankenversicherung, die ebenfalls mit dieser Gesundheitsreform beschlossen wurde nun aufgenommen werden mussten, haben zum Teil exorbitant hohe Beitragszuschläge - regelmäßig im vierstelligen Bereich.

Diese Menschen waren zum Teil bereits seit Jahren ohne Krankenversicherung - ein unkalkulierbares Risiko für die Krankenversicherer, zumindest wurde das so dargestellt. Die Krankenversicherer haben mit einer Verfassungsbeschwerde versucht den Basistarif zu kippen aber aufgrund ihrer Weigerung die Behauptung des existenziell bedrohlichen Eingriffs der Politik in ihren Geschäftsbereich auch durch entsprechendes Zahlen- und Datenmaterial zu beweisen, verlief das im Sande.

Jetzt mussten die Nichtversicherten im Basistarif versichert werden und die Gesundheitsprüfung führte regelmäßig zu Risikozuschlägen, wie dieses Beispiel zeigt.

Es gibt verschiedene Arten der Dokumentation... manche Versicherer weisen den Beitragszuschlag in EUR aus andere in Prozent, wie das andere Beispiel zeigt.


FAKTEN ZUM BASISTARIF

  2019 2020
Vollversicherte Personen 8.732.400 8.723.900
Versicherte im Basistarif mit Beihilfe 5.700 5.700
Versicherte im Basistarif ohne Beihilfe 26.700 27.900
Versicherte im Basistarif aus Nichtversicherung 12.900 12.900
Versicherte im Basistarif aus Tarifwechsel 16.000 17.100
Versicherte im Basistarif mit Beitragshalbierung 19.300 20.400
Versicherte im Basistarif gesamt 32.400 33.600

Quelle: Zahlenbericht PKV-Verband, 2021

 

BEITRAGSENTWICKLUNG

Es handelt sich hier nur um die Beitragsentwicklung des Basistarifs seit seiner Einführung 2009. Der Beitrag zur Pflegepflichtversicherung und etwaiger Zusatzversicherungen, wie beispielsweise Tagegelder sind hier nicht berücksichtigt und erhöhen den jeweils gültigen Beitrag zusätzlich.

Jahr (Höchst-) Beitrag
01.01.2009 569,63 EUR
01.07.2009 547,58 EUR
01.01.2010 558,75 EUR
01.01.2011 575,44 EUR
01.01.2012 592,88 EUR
01.01.2013 610,31 EUR
01.01.2014 627,75 EUR
01.01.2015 639,38 EUR
01.01.2016 665,29 EUR
01.01.2017 682,95 EUR
01.01.2018 646,05 EUR
01.01.2019 662,48 EUR
01.01.2020 735,94 EUR
01.01.2021 769,16 EUR
01.01.2022 769,16 EUR
01.01.2023 807,98 EUR
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